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3. Rheinbacher Glasdolch:
Wolfgang Schorlau

(2019)

© Timo Kabel

Über Wolfgang Schorlau

Wolfgang Schorlau ist ein deutscher Schriftsteller und Autor politischer Kriminalromane, in denen er Kritik an den gesellschaftlichen und politischen Verhältnissen und Hintergrundrecherchen mit spannenden Erzählelementen verbindet. Mehrere Romane wurden verfilmt. Schorlau lebt als freier Schriftsteller in Stuttgart. Er kam 1951 in Idar-Oberstein als Sohn eines Eisenbahnbeamten zur Welt. Nach dem frühen Tode des Vaters erzog die Mutter ihre beiden Kinder zunächst allein. Als er elf Jahre alt war, schickte sie Wolfgang in ein Waisenheim der Bundesbahn in Freiburg im Breisgau. Seine Kindheitserfahrungen verarbeitete er später in seinem Roman „Rebellen“.

1966 begann er in Freiburg im Breisgau eine Lehre als Großhandelskaufmann im Elektrohandel. In dieser Zeit schloss er sich der Lehrlingsbewegung an. Er demonstrierte gegen Ausbildungsbedingungen und Kommunalpolitik in Freiburg und beschäftigte sich statt mit seiner Ausbildung mit den Inhalten der „Mittwochsschulungen“. Die Lehrlinge lasen unter Anleitung von Studenten und Professoren „Das Kapital“, „Was tun?“ von Lenin und Texte von Ernest Mandel, Sigmund Freud und Wilhelm Reich: „Ich las Marx und wurde Azubi der Weltrevolution. Drei Monate vor der Gesellenprüfung flog ich aus der Lehre.“ Seine Mitlehrlinge überzeugten den Chef, dass er wenigstens die Prüfung antreten durfte, die er knapp bestand. In den 70er Jahren war Schorlau außerdem im Kommunistischen Bund Westdeutschlands aktiv, distanzierte sich aber später von dessen dogmatischem und sektiererischem Dogmatismus.

In Westberlin holte er auf dem zweiten Bildungsweg das Abitur nach und wollte an der Universität Soziologie studieren, fand aber die Vorlesungen über Marx und Engels zu langweilig. Statt des Studiums absolvierte er eine Ausbildung zum Informatiker und machte sich mit einem kleinen Software-Unternehmen selbständig.

1995 erschien sein erstes Buch: „Der PC im galvanischen Betrieb“, und 2000 „Down at Theresa’s“, ein Bildband über den Blues.

2000 gab er mit Ende vierzig seinen Beruf auf, um sich als freier Autor dem Schreiben politischer Krimis zu widmen. Seither erscheinen seine Bücher bei Kiepenheuer & Witsch. Neben den zehn Dengler-Krimis (von »Die blaue Liste«, bis »Kreuzberg Blues«) hat er die Romane »Sommer am Bosporus« und »Rebellen« veröffentlicht und zusammen mit Claudio Caiolo die Venedig-Krimis um Commissario Morello.

2006 wurde er mit dem Deutschen Krimipreis, 2012 und 2014 mit dem Stuttgarter Krimipreis sowie 2019 mit dem Stuttgarter Ebner-Stolz-Wirtschaftskrimipreis ausgezeichnet.

Im November 2017 übernahm Wolfgang Schorlau die Poetik-Dozentur an der Universität Tübingen.

Das neue Buch aus der Reihe um Commissario Mordello

Das neue Buch aus der Reihe um Commissario Mordello

Wolfgang Schorlau ist ein deutscher Schriftsteller und Autor politischer Kriminalromane, in denen er Kritik an den gesellschaftlichen und politischen Verhältnissen und Hintergrundrecherchen mit spannenden Erzählelementen verbindet. Mehrere Romane wurden verfilmt. Schorlau lebt als freier Schriftsteller in Stuttgart. Er kam 1951 in Idar-Oberstein als Sohn eines Eisenbahnbeamten zur Welt. Nach dem frühen Tode des Vaters erzog die Mutter ihre beiden Kinder zunächst allein. Als er elf Jahre alt war, schickte sie Wolfgang in ein Waisenheim der Bundesbahn in Freiburg im Breisgau. Seine Kindheitserfahrungen verarbeitete er später in seinem Roman „Rebellen“.

1966 begann er in Freiburg im Breisgau eine Lehre als Großhandelskaufmann im Elektrohandel. In dieser Zeit schloss er sich der Lehrlingsbewegung an. Er demonstrierte gegen Ausbildungsbedingungen und Kommunalpolitik in Freiburg und beschäftigte sich statt mit seiner Ausbildung mit den Inhalten der „Mittwochsschulungen“. Die Lehrlinge lasen unter Anleitung von Studenten und Professoren „Das Kapital“, „Was tun?“ von Lenin und Texte von Ernest Mandel, Sigmund Freud und Wilhelm Reich: „Ich las Marx und wurde Azubi der Weltrevolution. Drei Monate vor der Gesellenprüfung flog ich aus der Lehre.“ Seine Mitlehrlinge überzeugten den Chef, dass er wenigstens die Prüfung antreten durfte, die er knapp bestand. In den 70er Jahren war Schorlau außerdem im Kommunistischen Bund Westdeutschlands aktiv, distanzierte sich aber später von dessen dogmatischem und sektiererischem Dogmatismus.

In Westberlin holte er auf dem zweiten Bildungsweg das Abitur nach und wollte an der Universität Soziologie studieren, fand aber die Vorlesungen über Marx und Engels zu langweilig. Statt des Studiums absolvierte er eine Ausbildung zum Informatiker und machte sich mit einem kleinen Software-Unternehmen selbständig.

1995 erschien sein erstes Buch: „Der PC im galvanischen Betrieb“, und 2000 „Down at Theresa’s“, ein Bildband über den Blues.

2000 gab er mit Ende vierzig seinen Beruf auf, um sich als freier Autor dem Schreiben politischer Krimis zu widmen. Seither erscheinen seine Bücher bei Kiepenheuer & Witsch. Neben den zehn Dengler-Krimis (von »Die blaue Liste«, bis »Kreuzberg Blues«) hat er die Romane »Sommer am Bosporus« und »Rebellen« veröffentlicht und zusammen mit Claudio Caiolo die Venedig-Krimis um Commissario Morello.

2006 wurde er mit dem Deutschen Krimipreis, 2012 und 2014 mit dem Stuttgarter Krimipreis sowie 2019 mit dem Stuttgarter Ebner-Stolz-Wirtschaftskrimipreis ausgezeichnet.

Im November 2017 übernahm Wolfgang Schorlau die Poetik-Dozentur an der Universität Tübingen.

Laudatio von Winrich C.-W. Clasen

Meine Damen und Herren, nein, viel besser: liebe Krimileserinnen und -leser!

Stellen Sie sich mit mir zusammen einmal folgende Szenerie vor:
Der CSU-Politiker Hans-Peter Friedrich besitzt eine große Investmentfirma namens Bavaria Capital Management mit Sitzen in Steueroasen wie den Cayman-Inseln und Singapur. Das gemeinsame Vermögen mit seiner Frau schätzen deutsche Medien auf mehr als 100 Millionen Euro. Gespräche mit dem Bundesfinanzminister und der Kanzlerin hinter verschlossenen Türen sorgen dafür, dass eine Absplittung der Firma namens Bavaria Education Trust, die ihren Sitz – zusammen mit den wichtigen Banken der Welt – in London hat, mit einem Volumen von etwa 38 Millionen Euro als gemeinnützig anerkannt wird. Dass zwischendurch ein Beamter der mittleren Ministeriumsebene, der der unlauteren Konstruktion entgegensteht, ums Leben kommt, scheint niemanden zu interessieren. Als der Termin für den Brexit näherrückt, verlegt der Bavaria Education Trust seine Zentrale nach Dublin. Und es gibt einen zweiten Toten.

An dieser Stelle greifen zwei Personen ins Geschehen ein:
Georg Dengler, Privatermittler in Stuttgart, und Wolfgang Schorlau, Schriftsteller, ebenfalls in Stuttgart. Beide lassen die politischen Ereignisse und die beiden Toten nicht los. Dengler begibt sich sofort in sein Lieblingsrestaurant, der „Einzimmertafel St. Amour“, um mit seinen Freunden Kriegsrat zu halten. Schorlau fliegt zunächst auf die Cayman-Inseln, um vor Ort zu recherchieren.

So ungefähr muss man es sich vorstellen, wenn Wolfgang Schorlau einen neuen Roman beginnt.
Anders als ich entnimmt er den Plot für einen neuen Roman der Wirklichkeit und muss seine Ideennicht erst durch Klauen finden – wobei ein Teil der eben erzählten abstrusen Geschichte tatsächlich aus der aktuellen Politik stammt: Die Investmentfirma Somerset Capital Management des konservativen englischen Politikers Jacob Rees-Mogg besitzt Sitze – Oha! Das hätte ein Lektor wieder angestrichen. –, hat also Sitze in Steueroasen wie den Cayman-Inseln und Singapur. Das gemeinsame Vermögen mit seiner adligen Frau Helena schätzen britische Medien auf mehr als 100 Millionen Euro. Bei Rees-Mogg kommt Geld vor Politik: Dass die Firma des obersten Brexit-Fans im jüngsten Investorenprospekt eine Risikowarnung eben wegen des Brexit herausgibt, geschenkt, ebenso, dass sein Unternehmen nun eine Zweigstelle im EU-Staat Irland eröffnet.

Schorlau würde diese schmutzige Seite der Politik beziehungsweise der Gesellschaft ein weiteres Mal – nach bisher neun erfolgreichen Kriminalromanen – dem Leser zeigen, im wahrsten Sinne des Wortes in einem aufklärerischen Gestus. Er sagt nämlich selbst: „Was ich mache, ist, im Rahmen des Kriminalromans nicht so einfach zu durchschauende politische oder gesellschaftliche Zusammenhänge zu erklären – so dass sie jeder versteht.“

Wie gut ihm das gelingt, können Sie seinem neuesten Roman, „Der große Plan“, entnehmen. Dort zeigt er in einer Szene auf, wieviel Silber tatsächlich auf der Welt vorhanden ist und wieviel Geld die Banken daraus gemacht haben.

Das gesamte Silber stellt Schorlau durch ein kleines Viereck dar; ich habe es hier vergrößert:
Quadrat

 

 


Die Banken haben an Derivaten, also „Finanzinstrumenten“, das daraus gemacht:

Quadrate

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ein Gegenwert in Silber ist dafür nicht vorhanden. Übrigens sind das im Buch – viel kleiner gedruckt und mit viel mehr Vierecken – dreieinhalb Seiten. So anschaulich, und auch so böse, habe ich das Bankenwesen noch nirgendwo erklärt bekommen.

Die Banken haben also die Schurkenrolle – wie immer im Leben. Aber sie bilden nur einen Teil von Schorlaus umfangreichen Recherchen, die stets das Gerüst für seine Krimis darstellen. Der Reihe nach und sehr verknappt: Im ersten Krimi 1) der Mord 1991 am Treuhand-Chef Carsten Detlev Rohwedder; im zweiten Krimi 2) ein gelynchter amerikanischer Bomberpilot im Zweiten Weltkrieg; im dritten 3) der globale Machtkampf um den wichtigsten Rohstoff überhaupt, das Wasser; im vierten 4) die Einsätze in Afghanistan; im fünften 5) das Attentat auf das Münchner Oktoberfest 1980; im sechsten 6) Stuttgart 21; im siebten 7) die Methoden der Fleischindustrie; im achten 8) die NSU-Mordserie und zuletzt im neunten Kriminalroman 9) die sogenannte Griechenlandrettung durch Politik und Banken.

Sie merken: Alle schmutzigen Geschäfte in der deutschen Politik und in der deutschen Gesellschaft finden (oder: haben gefunden) ihren aufklärerischen Niederschlag in den Kriminalromanen von Wolfgang Schorlau – Anlaß genug für die Jury des Rheinbacher Glasdolchs, ihn dem Stuttgarter Autor zu verleihen.

Etwas zum Material der Auszeichnung, das mit der Geschichte der Voreifelstadt Rheinbach verbunden ist:
Nach dem Krieg haben sich hier Flüchtlinge aus Böhmen niedergelassen, die ihre Kunst mitgebracht und zu einem wichtigen Teil der Rheinbacher Wirtschaft gemacht haben, das Glashandwerk nämlich. Schon seit siebzig Jahren also gibt es das Glasmuseum hier und ebenso lange die Glasfachschule, die das Handwerk weiterhin lehrt, zusammen mit Keramik und – ohne sie geht es heutzutage nicht mehr – Medien. Ich freue mich sehr, dass heute Abend auch der neue Direktor der Rheinbacher Glasfachschule anwesend ist, Jochen Roebers. Ohne sein Engagement, mit dem er das seines Vorgängers aufgenommen hat, und ohne die Mitwirkung seiner Kollegen wäre die Anfertigung des dritten Rheinbacher Glasdolchs mit einer Länge von 28 cm nicht möglich
gewesen.

Ein Bonmot von Val McDermid, der schottischen Krimikönigin, dazu, die im vergangenen Jahr den zweiten Rheinbacher Glasdolch erhalten hat: Als sie hörte, dass die Auszeichnung sich letztlich böhmischen Flüchtlingen verdanke, sagte sie: „Ich beantrage schon mal vorsichtshalber den Post Brexit Refugee Status hier!“ Das erledigt sich aber mit der Unabhängigkeit Schottlands demnächst.

Zurück zu Wolfgang Schorlau:
Seit 2003 erscheinen die Krimis um Georg Dengler, den Stuttgarter Privatdetektiv, in gleichbleibender, wenn nicht sogar sich steigernder Qualität. Stets sind sie hochaktuell, politisch brisant und gesellschaftlich wie historisch relevant. Ihre Intention ist es in erster Linie, spannend zu unterhalten, dabei den Leser aber unaufdringlich zu belehren und ihn nach der Lektüre nachdenklich zurückzulassen, ihm im besten Fall sogar einen Anstoß zum eigenen Handeln zu geben.

Wie erfolgreich Schorlaus Romane sind, kann man vielleicht auch der Tatsache entnehmen, dass bisher fünf verfilmt worden sind. Sie sind noch zum Teil in der ZDFmediathek zu sehen.

Lieber Wolfgang Schorlau, ich freue mich sehr, Ihnen im Namen der „Jury der Rheinbacher Krimiautoren und Krimiverkäufer“, zu letzteren gehört der Inhaber der hiesigen Buchhandlung Kayser, Christoph Ahrweiler, mit dem zusammen mein Verlag, cmz, die Krimiwoche auch veranstaltet (auf Englisch klingt das übrigens viel besser: „The Rheinbach Crime Writers’ and Sellers’ Society“) – so, o je, der Satz und seine grammatische (oder heißt es: grammatikale?) Konstruktion fangen gerade an, den Inhalt zu vernebeln, also noch einmal:
Wir freuen uns, Ihnen also zum Abschluss dieses schönen Krimiabends den dritten Rheinbacher Glasdolch für Ihr Lebenswerk überreichen zu dürfen.

Herzlichen Glückwunsch und: Recherchieren und morden Sie weiter!